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Musikalischer Rausch

Die schwedische Band „Junip“ wirkt wie ein Psychedelikum

Es braucht nur Augenblicke, und man ist von dieser Musik eingelullt, im Dämmerzustand. Sie zieht einen ganz langsam ins Delirium. Während des ganzen Konzerts fühlt man sich wie Noodles, den von Robert De Niro gespielten Gauner des Sergio Leone-Epos „Es war einmal in Amerika“. Dieser lässt seine Gedanken in einem chinesischen Opiumhaus entschwinden, nach und nach vermischen sich Träume, Ängste, Wünsche zu einem Gemenge aus Fiktion und Realität. Diese Stimmung stellt sich während des Konzerts der schwedischen Band Junip im 59to1 nicht nur bei einem selbst ein, man macht sie auch bei anderen Zuhörern aus: Sie stehen apathisch im Raum oder an der Bar, wie weggebeamt.

Das kam wohl für viele unerwartet. Sie hatten wohl einen harmlosen Abend erwartet. Denn der Junip-Mastermind ist kein geringerer als José González, der Mann der hübschen Töne, der luftigen Melodien aus Göteborg. Deswegen fragten sich viele vor dem Konzert: Spielt González einen González-Song? Tat er nicht, denn ein solcher hätte letztlich nur gestört. Der Abend ist von erstaunlicher Kompaktheit, ohne Ausreißer-Musik, wie die Snooze-Funktion eines Weckers. Das Tempo gemächlich ansteigend, erreicht einen kaum vernehmbaren Höhepunkt und ist gleich darauf am Abschwellen. Wieder und immer wieder. Manchmal perlt dazwischen ein Xylophonspiel auf und holt einen zurück in die Realität.

Dies alles erinnert an Neu!, an Radiohead , und ab und an gibt sich der Sound sogar – war das nicht eine Flöte? – pinkfloydesk. Musik, die den Körper ummantelt und langsam in das Gemüt eindringt, klassische Psychedelika. Dazu trägt die durchschneidende Stimme von González bei, die die Bassläufe, das Gitarren- und diskrete Klavierspiel geschickt dirigiert. Das Konzert verabschiedet sich mit einem Soundgewebe. Was bleibt, ist ein musikalischer Rausch. Marco Maurer