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Zart und wütend

Me and My Drummer verzaubern das Publikum in der Muffathalle

Wenn jeder Erdenbewohner die Stimme von Charlotte Brandi hören könnte, gäbe es keine Kriege mehr. Das ist doch mal eine Ansage. Der Satz über die Sängerin des in Berlin ansässigen Duos Me and my Drummer stammt aus dem großen Kosmos des Musiksenders MTV – und zwar nicht von seinem mittlerweile bedeutungslosen deutschen Ableger, sondern direkt aus der US-Zentrale. Das zeigt einerseits, dass es bisweilen noch vorkommt, dass deutsche Musiker jenseits des Atlantiks Beachtung finden, andererseits, dass die Erwartungshaltung an Brandi und ihren Schlagzeuger Matze Pröllochs am Sonntagabend im Cafe der Muffathalle geradezu gewaltig sind.

Das scheint Brandi zuzusetzen. Ihre Stimme ist wacklig, sehr wacklig. Aber nur zwischen den Liedern. Dann nämlich, wenn sie die Geschichten zu den Songs ihres Debütalbums „The Hawk, The Beak, The Prey“ erzählt. Der Großteil dieser Aufregung dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass sich eine stattliche Delegation ihrer Familie im Publikum befindet. Diese fragt sich nach dem Konzert etwas tantenhaft: „Wir müssen jetzt mal die Charlotte fragen, was das genau für eine Musik ist.“

Nun, bei dem was Me and My Drummer abliefern, muss man ja auch ein wenig irritiert sein. Denn es ist eine beinahe subversive Reduktion, die man – heutzutage ist der moderne Sound doch meist überbordend und gewaltig – so kaum mehr gewohnt ist. Da ist das donnernde Schlagzeug Pröllochs, ein Synthesizer, manchmal ein wenig Verfremdung und eben Brandis Soul-Gospel-Stimme, die an Florence and The Machine erinnert, aber erfreulicherweise viel weniger prätentiös daherkommt. So entstehen kleine, zarte Electro-Chansons, die zwischendurch aber auch ziemlich wütend wie der gute alte White-Stripes-Indie stampfen können und dabei von Psychosen, Ängsten, Ohnmachten und abgerissenen Häusern erzählen. Würde diesen vertonten Geschichten jeder auf der Welt lauschen, gäbe es natürlich noch immer Kriege, aber der breite Musikgeschmack der Menschheit erführe eine deutliche Aufwertung. Marco Maurer