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In der Badewanne

Beach House plantscht im Seifenblasen-Pop

Es ist also ein Pflichttermin geworden, und natürlich sind sie alle da – die Hipster, die Pärchen, die Schwabinger und die Moosburger, die Menschen aus dem Radio und die aus ihrem geschriebenen Gegenüber, dem Feuilleton. Alles also, was man immer etwas despektierlich „Szene“ nennt. Sie gibt sich ein Stelldichein im natürlich ausverkauften Hansa 39 des Feierwerks, um eines der derzeit angesagtesten Duos des Pop zu hören: Beach House aus Baltimore.

Und nach nur wenigen Augenblicken wird klar, warum viele von ihnen gekommen sind: Sie wollen eintauchen, abtauchen, untergehen, um vielleicht Dinge, die sie derzeit beschäftigen, endlich zu vergessen. Die Lieder von Victoria Legrand am Mikro und Alex Scally an der Gitarre sind wie geschaffen für diese Funktion. In Kaffeeröstereien gibt es seit Jahren immer wieder sogenannte Stimmungslichter zu kaufen, runde Kugeln meist, die ihr Farbspektrum von rot nach violett nach blau nach grün nach gelb und wieder nach rot wechseln und angeblich „positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden“ einwirken. So etwas würde allerdings weder ein Hipster noch ein Feuilletonist noch ein Radiomensch in seinen Salon stellen, man ist ja Ästhet. Aber ’ne Platte von Beach House im Regal tut ja nicht weh.

So ist das dann auch im Feierwerk, die reinste Badewanne! Schummeriger, seifiger, unscharfer Sound. Die einzige Kontur: die erwachsene, klare – aber um beim Seifenblasenzustand zu bleiben – mit unendlich Hall und Delay versetzte Stimme Legrands. Ansonsten: keine Kanten, keine Ecken, keine Fransen, vielmehr ein Hauchen und Schweben und somit auch ein Sound vom ewigen Schwelgen in der Erinnerung. Polaroid-Pop.

Auch das Bühnenbild reiht sich in diese Metaphern-Welt ein, nicht nur David Hockney und David Lynch hätten ihre Freude daran, sondern eben auch die „Wetten, Dass . . ?“-Bühnenbild-Crew: industrielle Windräder in Slow Motion. Wie beim Sound also weht auch im Ambiente ein Hauch vom Mainstream unterhalb des Mainstreams. Ein wenig fad ist es schon, aber gegen Ende versinken sie dann doch alle kollektiv in den Sound. Denn das Schöne, das Langweilige, das Konservative – vielleicht sogar die Suche nach Halt, deren Ausdruck diese Musik ist – braucht ja auch mal die Szene. Marco Maurer