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Klänge aus der Arche Noah

Wer gelangweilt ist von der Frage, welches Genre gerade angesagt ist, hört am besten: Superorganism. Die Band schwebt über allem

Wie stellt man sich die Zukunft des Pop vor? Es ist ja alles aus den Angeln gehoben: Indie ist oll, heißt es. Electro ein ewiges Prasseln, Fiepen, Stampfen, und Hip-Hop auch nur selten überraschend. Trap, den heißen Scheiß gerade, verstehen nur wenige Menschen, der Rest holt sich ein Geschwür. Und nun? Ziehen wir uns wie Greise in unsere gewohnten Ecken zurück? Können wir uns auf keinen Sound mehr einigen?
Ein Ausweg deutet sich an, oder besser: ein Lichtblick. Die Geschichte beginnt damit, dass die 17-jährige Japanerin Orono sich in Tokio mit einer Londoner Band anfreundet. Zurück in London, erinnert sich die aus Neuseeländern, Südkoreanern, Australiern und Briten bestehende Band an Orono. Sie solle ein paar Zeilen für ein neues Projekt schicken. Eine Stunde später sendet Orono ihre Aufnahmen. Das Kollektiv arbeitet daran, veröffentlicht vergangenes Jahr einen ersten Song: „Something For Your M.I.N.D“ sprengt das Netz. Frank Ocean und Ezra Koenig hyperventilieren genau wie die BBC. Alle fragen sich: Was ist das? Ein esoterisches Projekt der Gorillaz? Die herrlich gelangweilte Stimme: M.I.A. auf Johanniskraut?
Orono und die sieben anderen tüfteln da schon an einer Platte. Nicht mehr wie bisher schwarmintelligent über die Cloud, sondern in einer WG in East London Orono ist zu ihnen gezogen: acht Musiker mit all ihren Einflüssen in einem Haus. Hätte die Menschheit gegen die Segmentierung des Pop eine Lösung finden müssen, das wäre sie wohl: ein hochdiverser, multinationaler Arche-Noah-Pop.
Aus der Arche steigt eine Band namens Superorganism. Sie sagt von sich, ihre Musik habe drei Komponenten: das Internet, den Weltraum, die Natur. Auf der Platte hört man den Musikern beim Erforschen dieser Sphären zu, sie arrangieren Bekanntes mit Unbekanntem zu einer neuen Einheit. Hört man da ein Netz-Meme oder Cocorosie? Eine Soundspur aus „Drive“ oder „Twin Peaks“? Einen Tauchgang, Hippiefolk oder einen Ecstasy-Trip? Gitarre oder Hip-Hop? Egal, es knallt und euphorisiert. Nebenbei widerlegt die Band den oft gehörten Satz, das Album sei tot. Ihr Debüt ist nämlich sogar größer als ihr erster Hit, es beschreibt die Gegenwart des Pop.