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Orchester unter der Discokugel

Nach vier Jahren kehren Arcade Fire mit ihrem Album „Everything Now“ zurück. Es zeugt von Größe, nicht von Größenwahn

Musikmagazine nannten sie, nachdem sie vor 15 Jahren anfingen, bald die größte Indieband der Welt. Ihre ersten Alben wurden zu Fixsternen des Pop erklärt. David Bowie liebte ihre Songs. Gewöhnliche Menschen, darunter der Autor dieser Zeilen, traten in Zeiten der Kirchenaustritte in ihre Kirche ein, schrieben in den sozialen Netzwerken in ihre Profile unter „Religiöse Ansichten“ zwei Wörter: Arcade Fire.
Und heute? Was schreibt man heute über sie, jetzt, wo gerade das fünfte Album des Kollektivs aus Kanada erscheint? Man schreibt: Sie sind die beste Band der Welt.
Das Genre Indie ist eine Zuschreibung von gestern, taugt nicht für die Kanadier. Sie muss man anders, größer fassen, vergleichen: die Rolling Stones? Oldies! U2? Größenwahnsinnig! Coldplay? Sentimental! Metallica? Eindimensional! One Direction? Habt ihr sie noch alle?!
Es gibt womöglich nur eine Band auf der Welt, die mit Arcade Fire um die Zuschreibung „Beste Band der Welt“ konkurrieren könnte: Radiohead. Allerdings sind die Briten eher eine Einmannband namens Thom Yorke, Arcade Fire dagegen ein Kollektiv im eigentlichen Sinne. Das lässt sich auch auf den Livekonzerten zu ihrem neuen Album „Everything Now“ erfahren. Dort ist eine Band zu sehen, die sehr von einem profitiert: ihrer Vielfalt. Klar, da sind ihr charismatischer Sänger Win Butler und seine nicht minder schillernde Frau Régine Chassagne, aber eben auch noch mindestens acht andere Musiker, die ihre Instrumente Gitarren, Bässe, Schellen, Rasseln, Violinen wechseln wie andere Künstler ihre Outfits.
Spätestens seit dem vierten Album hängt über der Bühne Arcade Fires auch eine große, glitzernde Discokugel. Beleuchtet wird sie von Thomas Bangaltar von Daft Punk, einem der Mitproduzenten des Albums, aber auch ein wenig von irgendwelchen Erben Abbas. Doch keine Sorge, die orchestrale Gitarrenband von früher ist noch da, auch Folk-Einsprengsel zeugen davon. Der Titelsong der Platte dürfte bald für viele einer dieser Songs sein, die man nicht mehr missen möchte. Genau das schafft kaum eine andere Band sich einerseits weiterzuentwickeln, anderseits schlicht Lieblingssongs zu produzieren. Vielleicht am besten gelang das bisher David Bowie, irgendwie ja die größte aller Bands.